Ich wurde am 22. April 1953 in Esslingen am Neckar geboren, als ungeplantes, aber willkommenes viertes Kind von Annelise und Karl Bayer. Mein Vater, ein stiller, einsamer Mensch mit unerreichbar hohen Ansprüchen an sich und seine Umgebung, war damals noch Berufsberater beim Arbeitsamt, und meine Mutter, deren Leben sich in größerer Bodennähe abspielte, Hausfrau. Die ersten sechs Jahre meiner Kindheit waren glücklich, alles drehte sich um Ritter, Indianer, Geheimbünde und Obstklau, aber dann sah ich Fotografien vom Völkermord im Dritten Reich, und etwa zur selben Zeit entpuppte sich die Ehe meiner Eltern als eine Hölle, der sie beide nicht entkamen.

Als ich nach Stuttgart in die Schule kam, war mein Vater Lehrer geworden in Tübingen, dort blieb er die Woche über, und kam nur Mittwochs und am Wochenende nach Hause, oft, um die angesparten Strafen zu exekutieren.

Anfangs war ich ein guter Schüler, alles fiel mir leicht, und meine Lehrerin mochte mich, so sehr, dass sie mir sogar verzieh, als ich beim Bestehlen meiner Mitschüler erwischt wurde. Ich las viel und wurde ein Stubenhocker, die Ritter, Indianer und Geheimbünde vollbrachten ihre Heldentaten mehr und mehr zwischen zwei Buchdeckeln, und ich war öfter dort bei ihnen als draußen in der Nachbarschaft, wo man Hasen schlachtete, Gartenzwerge hielt und eine Katze an der Leine spazieren führte.

Wir zogen um nach Tübingen, und in meiner neuen Klasse waren alle Rollen, außer der des Oberbösewichts, Klassenclowns und Chefrenitenten schon vergeben, also übernahm ich die und spielte sie für einige Jahre, sehr zum Verdruss der meisten Lehrer und Leidwesen meiner Eltern, die jetzt beide an dieser Schule unterrichteten. Und natürlich wurde ich ein schlechter Schüler.

Dann drehte sich alles schneller: Rock‘n Roll, Hippies, Pubertät, Liebe, Aufruhr - ich ging ohne Abitur von der Schule, spielte zuerst Gitarre später Schlagzeug in verschiedenen Bands, begann, an der Kunstakademie Stuttgart bei Professor Rudi Haegele Malerei zu studieren, unterbrach das Studium für den Zivildienst in der Villinger Jugendherberge, setzte es danach fort und begann, parallel dazu, meinen Lebensunterhalt als Liedermacher zu verdienen.

Zuerst mit einem, dann einem zweiten Kollegen, dann allein und dann mit einer ständig wachsenden Band spielte ich in Jugendzentren, Kneipen, Clubs, auf Festivals, nahm Platten auf, heiratete, magerte ab und vertraute den falschen Personen.

Meine Ehe wurde geschieden, mein Plattenvertrag nicht verlängert, das Finanzamt schickte einen Steuerprüfer, und auf einmal waren meine Musiker weg, mein Lastwagen, der Flügel, die Verstärkeranlage und das Erbe, das mein Vater mir hinterlassen hatte.

Ich zog nach Freiburg, meiner nach sechzehn Jahren wiedergefundenen großen Liebe hinterher, begann Bücher zu schreiben, hatte Glück damit, heiratete wieder und zog nach Staufen im Breisgau, wo ich jetzt seit über zwanzig Jahren lebe.

Eine Zeitlang war ich hauptsächlich mit Drehbüchern für Fernseh- und Kinofilme beschäftigt, habe gelernt, die Frustration über das, was am Ende dabei herauskam zu ertragen und war überglücklich, wenn ein Film tatsächlich auch mal für meine Augen schön geraten war.

Nach langer “Romanpause” habe ich dann wieder Courage und Leidenschaft gefunden und “Das Aquarium” geschrieben. Seither reißt die Strähne nicht mehr ab, und es kommt so etwa alle eineinhalb Jahre ein neues Buch dazu. Ich hoffe, dass mir Glück, Phantasie und Leser treu bleiben und ich noch lange so weitermachen kann.